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Liebe Leserinnen, liebe Leser,

"Die Hoffnung stirbt zuletzt!" - dieses Sprichwort ist Ihnen sicher geläufig und vielleicht haben Sie sich - gerade in der aktuellen Zeit - auf die Bedeutung dieser Worte besonnen oder Ihren Mitmenschen damit Mut zugesprochen. „Die Hoffnung stirbt zuletzt!“ - schließlich ist es im Grunde  eine durchaus trostreiche Vorstellung, dass es etwas gibt, woran wir festhalten können, etwas, das uns durch diese Zeiten hindurch begleitet. Und an diesem etwas, das wir landläufig Hoffnung nennen, können wir festhalten - denn auch, wenn alles andere schon vergangen ist, gibt es sie noch, die Hoffnung, diese Quelle der Zuversicht und des mutigen Vorausschauens.  Aber, und so impliziert das Sprichwort, handelt es sich bei ebendieser um eine Quelle, die irgendwann einmal versiegen wird. „Die Hoffnung stirbt zuletzt - aber sie stirbt“, dieser Vorbehalt lässt sich aus dem Sprichwort ableiten. Es bleibt uns daher offenbar nur zu warten. Abzuwarten. Und zu erwarten: Den Tag erwarten, an dem unsere Sehnsucht, unsere Hoffnung erfüllt wird. Oder eben den Tag, an dem sie stirbt.

"Seid bereit!" - so mahnt uns ein Lied, welches wir in diesen Tagen der inneren Vorbereitung und zugleich des Wartens auf das Weihnachtsfest gerne singen. Bereit sein. Wofür lohnt es sich in diesem Jahr denn eigentlich, bereit zu sein? Für neue Einschränkungen? Für noch mehr Absagen? Für Enttäuschungen? In einem Jahr, in dem so vieles anders ist, als wir es gewohnt sind und wir uns eigentlich nur noch wünschen, dass das alles ein schnelles Ende findet, in einem solchen Jahr sollen wir bereit sein, sollen wir warten.  Langes Warten muss aber nicht Leerlauf bedeuten. Vielleicht ist es die notwenige Vorbereitungszeit auf eine wichtige Veränderung. Vielleicht muss ich geduldig abwarten. Vielleicht eröffnen sich mir durch das Warten neue Horizonte, neue Perspektiven - und vielleicht schenkt mir das Warten neue Hoffnung. 

Liebe Leserinnen, liebe Leser: Lohnt es sich in diesen Tagen noch, zu hoffen? Bringen enttäuschte Hoffnungen nur noch mehr Verzweiflung? Und vor allem: Worauf können wir hoffen? Diese Fragen betreffen keineswegs ausschließlich uns in der heutigen Zeit, vielmehr finden wir diese existenziellen Lebensfragen bereits in den Schriften des Neuen Testaments. Auf pointierte Art und Weise lassen uns die Worte des Apostels Paulus im Römerbrief erfahren, wie es um die Hoffnung wirklich bestellt ist: 

Nachdem wir nun aufgrund des Glaubens bei Gott angenommen sind, haben wir Frieden mit Gott. Das verdanken wir Jesus Christus, unserem Herrn.

Er hat uns die Tür zu diesem neuen Leben geöffnet. Im Vertrauen haben wir dieses Geschenk angenommen, auf das wir uns jetzt gründen. Und mehr noch: Wir werden einmal an Gottes Herrlichkeit teilhaben. Diese Hoffnung erfüllt uns mit Freude und Stolz.

Doch nicht nur darüber freuen wir uns; wir freuen uns auch über die Nöte, die wir jetzt durchmachen. Denn wir wissen, dass Not uns lehrt durchzuhalten, und wer gelernt hat durchzuhalten, ist bewährt, und bewährt zu sein festigt die Hoffnung. Und in unserer Hoffnung werden wir nicht enttäuscht. Denn Gott hat uns den Heiligen Geist gegeben und hat unser Herz durch ihn mit der Gewissheit erfüllt, dass er uns liebt. (Röm 5,1-5 NGÜ)

"Wir freuen uns über die Nöte, die wir jetzt durchmachen" - diese Worte lassen uns aufmerken und stellen gleichzeitig unser Gottesbild vor eine Herausforderung: Der Apostel Paulus verschweigt keineswegs, dass das Leben nicht nur aus Sonnenschein besteht - er spricht die Nöte, die wir zu durchleben haben, bewusst an und macht deutlich, dass kein Weg daran vorbeiführt, diese durchzustehen. Ein Kinderglaube an einen "lieben Gott", mit dem es kein Leid, keine Nöte und keine Dunkelheiten gibt, scheint diesen Worten nur schwer standhalten zu können. Wie lassen sich nun also die Ausführungen des Paulus mit dem vereinbaren, den wir Gott nennen? Die folgenden Verse liefern uns hierzu Antworten: "Denn wir wissen, dass Not uns lehrt durchzuhalten, und wer gelernt hat durchzuhalten, ist bewährt, und bewährt zu sein festigt die Hoffnung" - es liegt an uns, die Nöte unseres Alltags, die Sorgen, Ängste, Krisen und Konflikte, die uns allesamt nicht erspart bleiben, nicht als unliebsame Begleiterscheinungen unseres menschlichen Daseins, sondern vielmehr als eine Herausforderung, als eine Chance wahrzunehmen - eine Chance zur Weiterentwicklung, zum inneren Wachstum und schließlich auch zur Stärkung unserer Gottesbeziehung, woraus wir am Ende eines schöpfen dürfen: Hoffnung. 

"Denn Gott hat uns den Heiligen Geist gegeben und hat unser Herz durch ihn mit der Gewissheit erfüllt, dass er uns liebt" - mit diesen Worten bringt Paulus pointiert zum Ausdruck, wovon wir uns in den schweren Zeiten unseres Lebens getragen wissen dürfen: Seine Liebe ist es, die Gott uns allen zugesagt hat und in der wir geborgen sind. Was auch immer uns in unserem Leben widerfährt: Dieses Band der Liebe reißt nicht ab, das Licht seiner Liebe ist heller als das Dunkel unserer Zeit. "Und in unserer Hoffnung werden wir nicht enttäuscht" - Paulus hat keine Zweifel: Es könnte nicht nur sein, dass wir nicht enttäuscht werden, nein, darin ist er sich sicher: Wir werden nicht enttäuscht. Unsere Hoffnung wird nicht vergebens sein. Unsere Hoffnung wird nicht sterben - auch nicht zuletzt. Gott liebt uns, Gott begleitet uns und er stärkt uns. Aus dem Glauben an seine Nähe in unserem Leben dürfen wir Kraft und Zuversicht schöpfen - mit ihm an unserer Seite müssen wir uns auch vor den Nöten unserer Zeit nicht fürchten: Denn gemeinsam mit ihm sind wir stark! Er wird uns retten, schon im Hier und Jetzt ist er für uns da, wann immer wir seiner helfenden Hand bedürfen. Und ganz so, wie auf jede Nacht ein neuer Morgen folgt, so werden auch die Nöte, von denen Paulus schreibt, nicht das Ende sein - denn Gottes Plan für uns hat ein anderes Ziel: Die Freude. 

Liebe Leserinnen, liebe Leser: Die Nöte, die wir in unserem Leben durchmachen müssen, sind keine gottlosen Zeiten - nein, sie bieten uns die Chance, zu wachsen. Zu wachsen in der Hoffnung auf Gott, aber auch zu wachsen im Glauben an uns selbst. Das Durchleben von Nöten hilft uns, uns zu bewähren. Tiefe Wurzeln zu schlagen, auf dass uns so leicht nichts mehr aus der Bahn werfen kann. Vor allem aber lässt es uns standhaft werden in der Hoffnung - in der Hoffnung auf Gott, der uns hoffen lässt. In dieser Hoffnung werden wir nicht enttäuscht - denn die Hoffnung stirbt nicht zuletzt, nein, die Hoffnung stirbt nie. 

Ihnen allen wünsche ich weiterhin hoffnungsvolle und zuversichtliche Adventstage.

Ihr 

Jakob Link 

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