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Liebe Leserinnen, liebe Leser,

am heutigen Samstag wäre auf den Großheubacher Mainwiesen für gewöhnlich das Johannisfeuer entzündet worden. Dieses Feuer empfinde ich als ein starkes Bild für das, worauf es in unserem Glauben eigentlich ankommt - und das beginnt schon damit, wie aus Holz und einem kleinen Funken eine weithin sichtbare, helle und mächtige Flamme entsteht.

So weit, so theoretisch. Wie haben wir diese Metaphorik zu deuten? Beginnen wir bei der Grundlage, dem Holz. Stellen Sie sich einmal die Menge an Holz vor, die es für ein solch gewaltiges Feuer braucht. Da reichen nicht bloß wenige Scheite, da braucht es eine stattliche Menge, um den Flammen genügend Nahrung zu bieten. Und wenn Sie sich nun eine solch große Menge Holz vorstellen, dann sehen Sie vor Ihrem inneren Auge sicher viele verschiedene Holzarten. Vielleicht bemerken Sie, dass sich zwar manche in ihrer Form und Farbe ähneln, aber keines wirklich genau so ist wie die anderen? Oder sehen Sie, dass das helle Holz im Inneren von einer feinen, dunklen Rinde umgeben ist? Bestimmt ist Ihnen auch in den Sinn gekommen, dass kein Holz wie das andere ist, ein jedes ist hier und da uneben, vom Zahn der Zeit gezeichnet und vom Wirken der Elemente geprägt.

Überträgt man die Eigenschaften der Holzscheiben nun auf eine metaphorische Ebene, so ist es doch mit uns Menschen auch nicht anders: Niemand ist genau gleich wie die anderen, ein jeder hat eine bestimmte Prägung - das können Dinge sein, die uns belasten, die uns gezeichnet haben, aber auch Eigenschaften, auf die wir stolz sein können. Was uns jedoch alle vereint, ist die Eigenschaft, dass wir, ebenso wie das Holz, brennen können, dass wir Licht werden können. Doch alleine können wir das nicht schaffen - nur zu schnell würde uns das „Material“, würde uns die Kraft ausgehen, um das Feuer am Leben zu halten. Wir brauchen die Gemeinschaft, in der wir uns gegenseitig stützen und füreinander da sind - um zusammen mehr Licht in die Welt zu bringen, als die stärkste Flamme alleine.

Doch mit dem Brennstoff alleine ist es nicht getan - wir brauchen Zündung, um ein Feuer entstehen zu lassen. Der Theologe Rudolf Englert spricht von einem Moment produktiver Unterbrechung, das es braucht, um neue Perspektiven zu entdecken. Es braucht konkret ein Ereignis, das uns zur intensiven Auseinandersetzung mit dem Glauben provoziert. Das Wirken des Heiligen Johannes bei den Menschen seiner Zeit mag genau das für uns sein: Er verkündete die frohe Botschaft vom Reich Gottes und bewegte viele Menschen dazu, sich taufen zu lassen und für den Glauben zu brennen.

Im Lukasevangelium lesen wir: "Durch die barmherzige Liebe unseres Gottes wird uns besuchen das aufstrahlende Licht aus der Höhe, um allen zu leuchten, die in Finsternis sitzen und im Schatten des Todes" (Lk 1,78f). Wollen wir dieses aufstrahlende Licht in unsere Herzen scheinen lassen, wollen wir uns ganz öffnen für die Strahlen Gottes in unserem Leben und das Feuer der Begeisterung, das Feuer des Glaubens in uns brennen lassen.  

Liebe Leserinnen, liebe Leser: Auch, wenn wir das Johannisfeuer heuer nicht gemeinsam auf unseren Mainwiesen entzünden können, so möchte ich Ihnen die Botschaft dieses Tages ganz besonders mit auf den Weg geben: Obgleich wir alle verschieden sind, so vereint uns doch, dass wir letztlich aus dem gleichen Holz geschnitzt sind: Als Christen sind wir dazu berufen, das Licht Gottes hinaus in die Welt zu tragen, auf dass es die Herzen aller Menschen mit seiner Strahlkraft und Wärme erfülle und damit unsere, gerade in diesen Tagen recht dunkel wirkende, Welt ein Stück weit heller machen möge.

Dass Sie mit diesen Worten bestärkt Feuer und Flamme für den Glauben sein mögen, wünscht Ihnen

Ihr

Jakob Link

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