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Liebe Brüder und Schwestern!

Wer von uns blickt momentan eigentlich noch richtig durch? Die Bundesregierung? Das Robert-Koch-Institut? Das Gesundheitsamt? Wenn alle ehrlich sind, dann wahrscheinlich keiner so wirklich. Jede Behörde, jeder Mediziner tut das, was in seiner Macht steht, um mit dieser uns absolut unbekannten Situation so sinnvoll wie möglich umzugehen. Es ist an der Zeit sich einzugestehen, dass wir Menschen manchmal den Durchblick verlieren.

Kein Grund aufzugeben! Kein Grund in Panik zu verfallen! Kein Grund, sich als Versager zu fühlen! Akzeptieren und weitermachen - aber anders. Den Durchblick erlangen wir nicht wieder in Alleingängen, sondern in der Solidarität, die jetzt von uns gefordert wird. Den Durchblick verloren haben schon andere vor uns, gescheite Menschen, sogar Propheten, denen man zutraute, alles zu wissen. So sollte zum Beispiel im elften Jahrhundert vor Christus der berühmte Samuel den nächsten König für Israel auswählen. Voller Tatendrang und Überzeugung suchte er Isai auf, um unter dessen Söhnen den von Gott Erwählten zu finden. Samuel konzentrierte sich auf die Kräftigsten und Attraktivsten. Dabei merkte er gar nicht, dass Gott einen Anderen im Sinn hatte: „Gott sieht nämlich nicht auf das, worauf der Mensch sieht. Der Mensch sieht, was vor den Augen ist, der Herr aber sieht das Herz.“ (1 Sam 16,7) Und so wird der zunächst unscheinbare David zum größten König Israels gekürt. Samuel hat sich von Gott neuen Durchblick verschaffen lassen. Auch im Evangelium geht es darum, den richtigen Durchblick zu erlangen, und zwar gleich auf mehreren Ebenen. Jesus begegnet einem Blindgeborenen. Dieser Mann hat also noch nie sehen können - im Wortsinn.

Aber es gibt noch andere, die im übertragenen Sinne nicht klar sehen. Manche Leute denken, die angeborene Blindheit sei eine Frage von Schuld und folgender Strafe Gottes. Diesen Verdacht schafft Jesus sofort aus der Welt. Einen derart kleinlichen Gott verkündet er nicht. Nach der Heilung beschimpfen ihn die Pharisäer, weil alles an einem Sabbat geschah. Wie so oft übersehen sie das Wesentliche und klammern sich an Gesetze - nur um sich nicht dem Neuen öffnen zu müssen, das Jesus mit sich bringt. Auch Nachbarn und Eltern sind verwirrt über das Geschehen. Ob sie den Durchblick bekommen, bleibt offen. Vielleicht schafft es der Geheilte später durch sein Zeugnis, denn er wird zum Verkünder: „Ich glaube, Herr! Und er warf sich vor Jesus nieder.“ (Joh 9,38) Dem Blindgeborenen wird in zweierlei Hinsicht der Durchblick geschenkt.Durch Jesus und den Glauben an ihn geschieht all dies. Und so kann auch der Völkerapostel Paulus an seine Gemeinde in Ephesus schreiben: „Einst wart ihr Finsternis, jetzt aber seid ihr durch den Herrn Licht geworden. Lebt als Kinder des Lichts! Das Licht bringt lauter Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit hervor...und Christus wird dein Licht sein.“ (Eph 5,8+9.14)

Liebe Schwestern, liebe Brüder, dieses Licht des Glaubens, der Güte, der Gerechtigkeit und Wahrheit wünsche ich uns allen in diesen Tagen! Lassen wir uns davon leiten im Umgang miteinander - auch auf die Distanz und in der Gemeinschaft unserer Gemeinden, unseres Landes, unserer Welt.

 

Beten wir um dieses Licht und um den Durchblick, den es schaffen kann.

Herr unser Gott, du hast David, den Unerwarteten, zum König über dein Volk erwählt. Du hast dem Blindgeborenen die Augen geöffnet und zu deinem Jünger gemacht.

In diesen Tagen der Unsicherheit kommen wir zu dir und bitten dich: Öffne auch unsere Augen für deine Gegenwart in unserer Welt.

Lass uns deine Nähe spüren,die du uns niemals entziehst.

Schenke allen Wissenschaftlern deinen Geist,damit sie Wege zur Bekämpfung der Bedrohung finden.

Stärke alle Mediziner und das Pflegepersonal, damit sie ihren Beruf zum Wohl aller ausüben können.

Lass dein Licht leuchten in unser aller Herzen, damit wir zuversichtlich unseren Weg weitergehen.

Darum bitten wir durch Christus, unseren Bruder und Herrn. Amen.

 

Einen gesegneten vierten Fastensonntag wünscht Ihnen

Ihre Pastoralreferentin Kerstin Gerlach

 

Die Lesungen und das Evangelium vom Vierten Fastensonntag stehen Ihnen zum Download zur Verfügung:

 

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