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Liebe Brüder und Schwestern!

Am 4. April 1968 fiel auf auf dem Balkon seines Motels in Memphis, Tennessee, Martin Luther King einem Attentat zum Opfer. Der Pfarrer einer Baptistengemeinde war während der Bürgerrechtsbewegung in den USA der Vorreiter des gewaltfreien Widerstandes geworden. Mit seinen Predigten und Demonstrationen setzte er Zeichen gegen die Rassendiskriminierung. Am bekanntesten dürfte der „Marsch auf Washington “ am 28. August 1963 gewesen sein, bei dem Martin Luther King seine berühmte Rede hielt „I have a dream - Ich habe einen Traum“. Um die 250.000 Menschen, darunter 60.000 Weiße, hatten sich versammelt, um friedlich für die Bürgerrechtsgesetzgebung Präsident Kennedys zu demonstrieren.

Eine große Menschenmenge kommt zusammen in der Hoffnung auf Besserung der Zustände. Ein einzelner Mann scheint sie anzuführen, auf ihn setzen die Menschen diese ihre Hoffnung. Das Bild kommt uns bekannt vor, wenn wir auf den Beginn der Heiligen Woche schauen: Wie in jedem Jahr denken wir an den Einzug Jesu in Jerusalem. Unzählige Menschen haben sich in den engen Gassen der Stadt versammelt. Sie alle leiden unter der Macht, die seit geraumer Zeit ihr Volk in Schach hält. Statt ihre Freiheit zu genießen, wie sie es als stolze Nation gewohnt sind, werden sie unterdrückt, müssen sich den Regeln von Fremden unterwerfen. Jetzt aber haben die Einwohner Jerusalems von einem gehört, der als „Messias“, als „Retter“, als „neuer König“ angepriesen wird. Sollte er die (Er-)Lösung von all dem sein?

So kommen die Menschen zusammen am Stadttor. Sie bringen ihre Verzweiflung mit, ihre Hoffnung und Sehnsucht, ihre Ungeduld und ihre Erwartungen. Alles legen sie hinein in die lauten Rufe: „Hosianna dem Sohne Davids!“ „Hosianna“ - „Hilf doch!“, so rufen sie.Liebe Schwestern, liebe Brüder, am Beginn dieser besonderen Heiligen Woche im Jahr 2020 möchten wir vielleicht auch einfach mal diesen Ruf hinausschreien: „Hosianna - hilf doch!“ Vielleicht können wir in diesen Tagen besser als sonst mit dem Volk Israel fühlen. Zugleich wissen wir, dass die Erwartungen der Leute von damals enttäuscht wurden, weil sie sich die Lösung ihrer Probleme anders vorgestellt hatten als Gott. Gottes Plan war nicht, die Besatzer mit Gewalt zu stürzen und mit Jesus einfach einen neuen Herrscher über das Land zu installieren. Gottes Plan war, die Gewalt durch Liebe ad absurdum zu führen.

Diese Einstellung fordert Umdenken. Sie erfordert eine demütige und geduldige Haltung. Sie erfordert tiefes Vertrauen darauf, dass Gott die Kraft zum Durchhalten schenkt.Von Martin Luther King stammt der Ausspruch: „Der christliche Glaube gibt uns die Kraft, tapfer zu tragen, was wir nicht ändern können. Enttäuschungen und Sorgen gelassen auf uns zu nehmen, ohne je die Hoffnung zu verlieren.“

Liebe Brüder und Schwestern, ich wünsche uns, dass wir mit dieser inneren Einstellung - bildlich gesprochen - am Straßenrand stehen und Jesus erwarten können. Rufen wir ihm das „Hosianna“ zu - als Lob- und Hilferuf zugleich, im Vertrauen darauf, dass er an unserer Seite ist.

Eine gesegnete Heilige Woche wünscht Ihnen

Ihre Pastoralreferentin Kerstin Gerlach

Die Lesungen und das Evangelium vom Palmsonntag stehen Ihnen zum Download zur Verfügung:

 

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